Faszien-Fibroblasten-Schmerzrezeptoren
Die Fibroblasten in den Faszien produzieren Kollagen und Hyaluronsäure.

Zählst du zu den 80 Prozent der Menschen, die – laut Faszienforscherin Hélène Langevin von Harvard University – über Rückenschmerzen klagen? Dann hast wohl auch du gemerkt, dass bei Stress die Schmerzen stärker werden. Oder überhaupt erst dann auftreten. Diese Empfindung geht, so die Forschung heute, weniger von der Wirbelsäule und den Muskeln aus, als von den Faszien.

Spätestens mit der Dokumentation ‚Faszien – Geheimnisvolle Welt unter der Haut‘ (2017) auf ARTE haben mehr Menschen die Mikroskop-Aufnahmen dieser Bindegewebsstruktur gesehen. So konnten sie  lernen, wie wichtig dieses Gewebe, das von unter der Haut über die Hüllen von Muskeln und in die Zellen hinein ein tiefes Netzwerk bildet, inzwischen genommen wird.

Einer der Pioniere der Faszienforschung, Thomas Myers, schrieb dazu 2001 ‚Anatomy Trains: Myofasziale Leitbahnen‘.  Es galt auch auf der Osteopathieschule, auf die ich ging, als Pflichtlektüre. Myers beschreibt das muskuloskelettale System als Tensegrity-Struktur. Demnach ist es nicht so, dass die Wirbelsäule wie ein Zeltstab den Körper aufrecht hält. Sondern dass Knochen und Wirbel durch Faszien als Bindegewebshülle und Bänder aufgehängt sind. Dieses starke Fasziengewebe ist gleichzeitig wesentlich empfindlicher als vermutet.

Faszien – aus was sie bestehen und was sie beinhalten

Faszien bestehen zu circa 70 Prozent aus Wasser, der Rest ist Matrix, das Gewebe, und Fibroblasten.  Die meisten Fibroblasten produzieren Kollagen und damit das sie umgebende Gewebe. Dieses Kollagen ist einerseits willkommen. Nämlich dann, wenn es darum geht, Schnitte und Wunden zu schließen. Andererseits, so zeigen Aufnahmen von den Faszienforschern Dr. Robert Schleip und Professor Werner Klingler, kann Kollagen chaotisch wuchern. Nämlich dann, wenn der Körperteil nicht bewegt wird. Drei Wochen Unterarm im Gips reichen für wild Kollagen-verbackene Faszien an diesem Ort.

Es gibt noch andere Fibroblasten in den Faszien. Nämlich die, die das Schmiermittel zwischen den Faszienschichten produzieren, das für die Flexibilität wichtig ist: Die Hyaluronsäure. Gesunde Faszienschichten bewegen sich über 65 Prozent ihrer Länge. Bei PatientInnen mit chronischen Rückenschmerzen bewegen sie sich nur um die Hälfte, laut Hélène Langevin’s Studie.

Zum Inhalt: Fasziengewebe kann nicht nur Nerven einklemmen. Zum Beispiel wenn es bei Bewegungsmangel oder Fehlhaltung wuchert. Es enthält selbst unzählige Schmerzrezeptoren. Aus Mannheim meldet dazu der Anatomie-Professor der medizinischen Fakultät, Siegfried Mense: „Der Einfluss den die Reizung der Faszie auf diese Nervenzelle hat, ist deutlich stärker als der Einfluss von den Rezeptoren der Muskeln.“. Und nicht nur das. Zusätzlich sieht er auch einen sehr möglichen direkten Zusammenhang zwischen dem Sympathikus-Anteil des vegetativen Nervensystems und dem Schmerz in den Faszien. Dort gäbe es nämlich „hochwahrscheinlich sympathische Fasern“. Das heißt: die höchst unsympathischen Fasern des Sympathikus. Diese sorgen mit ihrer Aktivität dann nämlich dafür, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen.

Emotionaler Stress und Schmerz

Emotionaler Schmerz wirkt sich, so Dr. Robert Schleip, „langsam und nachhaltig“ auf die Faszien aus. Daran ist auch der Botenstoff Transforming Growth Factor‘ ((TGF) beteiligt, der bei diesem Stress ausgeschüttet wird, die Faszien zusammenzieht und auf diese Weise zu Verklebungen führt. Resultat Nerven werden eingeklemmt, Schmerzrezeptoren aktiviert und die Beweglichkeit weiter verringert.

Nun ist es keine Entdeckung der Faszienforscher, dass gewisse Emotionen sich auf den Rücken auswirken. Der angriffsfreudige und gelegentlich komische US-amerikanische Radio-Moderator Howard Stern zum Beispiel litt an extremen Rückenschmerzen. Die Erklärung und Linderung, die er dafür fand, verdankte er seinem Arzt Dr. John Sarnos. Ja, Stern hatte seine Wut, den Teil den er nicht durch zum Beispiel als frauenfeindlich wahrgenommenen Witzen loswerden konnte, „in seinem Rücken zurückgehalten“.  Der Zusammenhang von Körper und Seele und Seele und Körper wird wohl aus verschiedenen Perspektiven immer wieder deutlich.

Drei Tipps für glückliche Faszien

  1. Sich bewegen: Bewegung ist notwendig, um die Faszien zu erhalten. Zumindest in funktionaler Struktur. Hinzu kommt, dass bei Bewegung, sportlicher Aktivität, die Körpertemperatur steigt. Mit jedem Grad, so Professor Werner Klingler aus Ulm, kommt es zu „10 Prozent mehr Enzymaktivität“ im Körper. Du produzierst also nicht nur Schweiß. Sich bewegen bringt auch Faszien Segen.
  2. Sich dehnen: Vor und nach dem Sport oder auch mal stattdessen, zum Beispiel gemütlich in die Seitneige dehnen. Oder auch mal über die Oberschenkel. Oder eine der Faszien-Dehnungs-Übungen von dem Osteopathen Fulford. Zusätzlich gibt es noch die Faszienrolle, die sich inzwischen bewährt hat und an Stellen mit verklebten Faszien ganz langsam und zunächst sanft eingesetzt wird.
  3. Traumatherapie-Techniken anwenden: EMDR beispielsweise wird auch von Dr.med. Jonas Tesarz angewendet. Laut eigener Aussage führt das bei ein Fünftel der emotional belasteten Patienten zu Schmerzfreiheit.

In meiner Praxis biete ich eine Menge für deine Faszien: von Dehnung  über EMDR bis hin zu faszialer Osteopathie. Falls du jetzt oder später einen Termin ausmachen möchtest, gerne: Einfach hier klicken.

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Susanne Hake

Master of Fine Arts (USA), bietet Osteopathie, Körperpsychotherapie und Coaching.

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